Facetten der Leidenschaft

„Folge deiner Leidenschaft.“
Ein Satz, der klingt wie aus einem Ratgeber für mutige Lebensentscheidungen.
Und ja: Leidenschaft ist etwas Wunderbares. Sie bringt uns in Bewegung, lässt uns stundenlang an Ideen feilen, ohne auf die Uhr zu schauen. Sie ist Ausdruck von Sinn, intrinsische Motivation und schöpferische Kraft. Für viele ist sie das Fundament.

Doch diese Kraft birgt Risiken. In der Psychologie unterscheidet man zwischen harmonischer und obsessiver Leidenschaft.

Harmonische Leidenschaft
bringt uns in Bewegung. Sie lässt uns fokussiert arbeiten und bringt uns in ein Flow Gefühl. Sie lässt Raum für Pausen und Beziehungen.Sie bleibt energiegeladen und lustvoll.

Obsessiver Leidenschaft
hingegen liegt ein innerer Druck zugrunde. Sie ist eng verknüpft mit Identität, Anerkennung und Selbstwert. Sie nimmt uns ein, wenn wir nicht „Nein“ sagen, löst Druck und Getriebenheit aus.

Wollen wir also mit Leidenschaft arbeiten, braucht es ein gesundes Maß.
Es braucht eine gewisse Vorsicht, Grenzen und Pausen. Sonst wird die Passion zu Obsession und wir können ausbrennen. 

Gerade bei Kreativen, Selbstständigen, Menschen, bei denen der Job mehr ist als ein Job, ist das Risiko hoch, in diese Dynamik zu rutschen. Warum? Weil Arbeit und Leben oft ineinandergreifen. Weil Projekte zur persönlichen Angelegenheit werden. Weil kreative Prozesse sich selten an Zeitpläne und einen 9 to 5 Rahmen halten.Ideen kommen beim Zähneputzen, Skripte wachsen in Gedanken, Projekte werden zur Lebensaufgabe.

Woran du erkennst, dass deine Leidenschaft dich erschöpft?

  • Du schaltest nur schwer ab. Selbst in freien Momenten kreisen deine Gedanken um Arbeit, Projekte, To-Dos.

  • Dein Perfektionismus lässt dich nicht zur Ruhe kommen - Du bist immer auf der Suche nach – was kannst du noch besser machen.

  • Du bist dein Beruf. Du identifizierst dich stark mit dem, was du tust. Dein Beruf steht für dich an erster Stelle, Privates ordnest du (oft) unter.

  • Du denkst ständig, es reicht nicht. Auch wenn du längst am Limit arbeitest, meldet sich das schlechte Gewissen.

  • Du brauchst das Außen, um dich sicher zu fühlen. Anerkennung und Erfolg – geben dir Halt. Wenn das ausbleiben, gerät dein Selbstwert ins Wanken.

  • Dein Körper sendet Warnsignale. Schlafstörungen, Verspannungen, innere Unruhe, etc.

  • Du funktionierst, statt lustvoll zu gestalten.  Die Freude an dem, was du tust, ist nur noch wenig spürbar.

Das sind Hinweise dafür, dass deine Leidenschaft von harmonisch zu obsessiv kippt. Dass sie zu eng an Leistung gekoppelt ist und eine gesunde Balance fehlt.

Ein Blick in die Yoga-Philosophie

Schon in der Bhagavad Gita – einem zentralen Werk der indischen Philosophie – wird das Wesen von Handlung und Motivation differenziert betrachtet. Nicht nur das Was zählt – sondern das Wie.

Die drei Gunas beschreiben grundlegende Qualitäten des Handelns:

  • Tamas – trübe Teilnahmslosigkeit, gekennzeichnet von: Unwissenheit, Trägheit, Schwere.

  • Rajas – leidenschaftliches Handeln - gekennzeichnet von: aktivem Tätigsein, Verlangen, Begierde.

  • Sattva – ruhige Güte - gekennzeichnet von: Reinheit, Weisheit, Ruhe.

Rajas bringt Bewegung, Motivation, Vision – aber auch Unruhe, Druck und das ständige Streben nach mehr. Wenn Rajas dominiert, verlieren wir die Mitte. Der Blick richtet sich nach außen: auf Status, Wirkung, Bewunderung. Und genau da kippt die Kraft der Leidenschaft in Begierde, Abhängigkeit und innere Getriebenheit.

Sattva hingegen steht für inneres Gleichgewicht. Sattvisch Handelnde sind begeistert mit der zu verrichtenden Arbeit beschäftigt und doch unbeeinflusst von Erfolg und Misserfolg. Krishna ruft in der Gita dazu auf, nicht nur zu handeln – sondern bewusst zu handeln. Nicht das Außen soll uns bestimmen – die Haltung, aus der du handelst.

Handlungen, die aus Sattva geboren werden, führen zu (innerem) Frieden. Zu einem erfüllten Tun – ohne auszubrennen.
Zu einem Beitrag – mit Sinn und Tiefe. Zu einem Sinn - der über die eigene Erfolgsgeschichte hinausgeht.

Und noch etwas zum Schluss
Dieser Text richtet den Blick bewusst auf die individuelle Dimension von Leidenschaft.
Es geht nicht darum, härter zu werden, um ungesunde Strukturen auszuhalten. Sondern darum, Einfluss zu nehmen – dort, wo du Einfluss hast. Auch in fordernden Systemen dürfen wir lernen, gut auf uns zu achten. Nicht, um uns besser anzupassen. Sondern, um handlungsfähig zu bleiben.


Wenn du merkst, dass du selbst wieder in Balance kommen möchtest
dann schreib mir gern oder buch dir ganz unverbindlich ein erstes Kennenlerngespräch.

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